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Geht Gott jetzt in Rente?

  • Autorenbild: Felix Thiele
    Felix Thiele
  • 19. Nov. 2023
  • 2 Min. Lesezeit

Teil 2/3 - Ein natur-wissenschaftliches Weltbild ist kein vollständiger Ersatz für ein religiöses Weltbild


Mit dem frühen 17. Jahrhundert setzt die natur-wissenschaftliche Untersuchung der belebten und unbelebten Natur ein. Optik und Mechanik machten es unter anderem mithilfe des Teleskops möglich, die Bewegung der Himmelskörper präzise zu beobachten und zu erklären. Mit dem Mikroskop ließen sich kleinste Strukturen darstellen, die bislang völlig unbekannt, weil für den Menschen unsichtbar waren. Wenig später wurden Anatomie und Physiologie zu Wissenschaften entwickelt, mit deren Hilfe sich Lebewesen einschließlich des Menschen detailliert untersuchen ließen. Und nicht nur das: nach und nach gelang es auch gezielt in die Naur einzugreifen. Aus Sicht der Naturwissenschaften ist ein Gott als Schöpfer und Lenker der Welt weder für das Verständnis der Natur noch als Adressat von Veränderungswünschen („Bitte mach, dass ich wieder gesund werde und im Lotto gewinne.“) nötig. Ob Geister oder Götter, die wissenschaftliche Erklärung der Natur kommt ohne sie aus.

Die Geschichte der Wissenschaften ist auch eine Geschichte der Entzauberung der Welt: Unserem Selbstverständnis nach waren wir einst Gottes Ebenbild und Krone der Schöpfung wir wohnten im Mittelpunkt des Universums, nur wenige Schritte vom Paradies entfernt. Die Naturwissenschaften haben uns schrumpfen lassen zu einem sterblichen, krankheitsanfälligen Lebewesen unter Millionen anderen Arten. Unsere Wohnverhältnisse sind prekär, denn wir rasen auf einem Felsbrocken, der im Inneren aus geschmolzenem Grstein besteht, durchs Weltall und das einzige, was uns vor dem sofortigen Ersticken und Erfrieren schützt, ist eine nur wenige Kilometer dicke Atmosphäre, die aus nichts als ein bisschen Luft besteht und dem Dreck, den wir in sie hineinpumpen. Paradiesisch ist das nicht. Was sollen wir nur tun?

"Was sollen wir tun?“ Wer so fragt, sucht Orientierung, will wissen, wie er sich in bestimmten Situationen verhalten soll. Die Naturwissenschaften bieten Erklärungen, keine Orientierung: Wer weiß, wie die Natur funktioniert, weiß deshalb noch lange nicht, wie er sich ihr gegenüber verhalten soll. Und wer die Ursachen und die Behandlungsmöglichkeiten einer Krankheit kennt, weiß deshalb noch nicht, wie er mit dem Kranken, der unter dieser Krankheit leidet, umgehen soll, ob und was er ihm raten soll. Sich orientieren muss der Mensch auch in einer durch und durch wissenschaftlichen Kultur wie der unseren. Ob er, wie John Stuart Mill es formulierte, das Leben eines glücklichen Schweins führen soll oder das eines traurigen Sokrates, diese Frage beantwortet keine Naturwissenschaft. Die Religion hat zwar Antworten aber in Deutschland und ganz allgemein im Westen ihre Glaubhaftigkeit weitgehend verloren. Wir brauchen also Ersatz. Aber woher, um des (post-göttlichen) Himmels Willen soll der kommen?


Demnächst hier

Teil 3/3 - Die Bürde der Gottlosen: Von Philosophenkönigen und Ratgeber-Religionen


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